Risiken und Nebenwirkungen einer Roaccutantherapie
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...sind zwar Nebenwirkungen,
sollten aber nicht als solche verstanden werden: im Prinzip sind sie ein
Zeichen dafür, daß der Organismus auf das Präparat anspricht.
Kommen sie nicht, sollte man die Dosis erhöhen. Das ändert an
ihrer Lästigkeit gar nichts, aber es läßt sich mit dem
Bewußtsein besser damit klarkommen...
Und da wären:
- Trockene Haut und
Schleimhäute (speziell die Augen).
Das heißt auch Hautschuppung (v.a.überall, wo Haare sind, und
ich meine nicht nur den Kopf...), Haut- und Kopfjucken, trockene Lippen
(ein Satz neue Haut alle zwei Tage. Abends eingecremt, morgens in Fetzen),
Anfälligkeit gegen Entzündungen, ich VERMUTE leichtere Infektion
mit Herpes, das wurde mir inzwischen von weiteren Betroffenen bestätigt.
Salben helfen da aber gut, die erhöhte Ansteckungsgefahr liegt mehr
an den rissigen Lippen, nicht am Medikament selber. Schnelles Nasenbluten,
wunde Nasenschleimhäute. Anfälligkeit gegen Augenentzündungen.
Brennende Augen. (Ein schöner Vergleich: drei Stunden vor dem Monitor
gibt ein ähnliches Gefühl...)
Vom Tragen von Kontaktlinsen wird abgeraten, inzwischen haben aber viele
ihre Linsen dringelassen und, bei ausreichender Befeuchtung und ggf. dem
Einsatz von künstlicher Tränenflüssigkeit und Bepanthen
Augensalbe über Nacht sowohl harte als auch weiche Linsen während
der Therapie getragen, ohne Nebeneffekte. Näheres dazu im Lexikon.
- erhöhte Verletzlichkeit
Beispiele: Selbst Kratzer, die nicht mal bluten, nässen und heilen
erst im Lauf von Tagen bis zu einer Woche und darüber erst ab. Sog.
"manuelle Aknetherapie" (Kosmetik) ist nicht zu empfehlen (m.E. inzwischen.
Kunze beschreibt die Möglichkeiten manueller Therapie neben der Roaccutanbehandlung,
um zum einen den "da muß ich jetzt durch"-Effekt gerade bei einer
stärkeren Anfangsverschlechterung zu bekämpfen und von Anfang
an eine kontinuierliche Verbesserung des Hautbilds zu erreichen. Zum anderen
können durch kosmetische Behandlung die Nebenwirkungen gemildert
werden. Auf jeden Fall sollte sich die Kosmetikerin mit der besonderen
Anfälligkeit von Roaccutanpatienten auskennen und der Hautarzt seinen
Segen gegeben haben.)
Quetschungen und aufgekratzte Pickel heilen nur sehr langsam. Vermeidbare/aufschiebbare
Hautoperationen (Bsp. Leberfleckentfernungen, Beschneidungen, ähnliches)
vor oder nach der Therapie planen. Auf keinen Fall Piercings stechen lassen,
Ohrringe schießen lassen, Tätowierungen etc. machen lassen.
Die erhöhte Verletzlichkeit führt auch dazu, daß Kratzer
und leichte Verletzungen schneller Narben hinterlassen. Kleinigkeiten
(Kratzer) machten bei mir wenig Stress, wahrscheinlich ist das individuell
verschieden. Allgemein tritt Dünnhäutigkeit auf, vor allem nach
dem Duschen, wenn die ganze abgeschuppte Haut weg ist. Vor größeren
Verletzungen sollte man sich zwecks schlechter Heilung hüten (vielleicht
auch ohne Roaccutan... :o) ).
Die Verletzlichkeit trat bei mir nur phasenweise auf, andere hatten gar
keine Probleme in der Richtung. Fragt nicht, wieso.
- Autofahrer sind
auf ein eingeschränktes Sehvermögen in der Nacht aufmerksam
zu machen.
Ich denke, auch so verschlechtert sich die Sehfähigkeit (liegt vermutlich
an der Augentrockenheit. Sich während der Therapie neue Brillengläser
einmessen zu lassen, macht daher vielleicht wenig Sinn - aber lieber Haut-
und Augenarzt fragen!).
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- Folgende Laborwerte
können durch Isotretinoin verändert werden: Triglyzeride (Erhöhung
um das 2- bis 3fache!), Cholesterin, Transaminasen, Kreatinkinase. Vor
und sporadisch während einer Isotretinoin-Behandlung sollten die
Leberwerte und die Blutlipide bestimmt werden.
Laut Beipackzettel und meiner eigenen Therapie müssen jeden Monat
die Leberwerte geprüft werden. Wenn der Hautarzt das nicht macht,
geht woanders hin.
Alkohol und starkes Rauchen sind nicht zu
empfehlen. Ich selbst rauchtewährend der Therapie, da Nikotin
die Talgproduktion fördert, ist es (mal wieder) nicht zu empfehlen.
Die Erhöhung der Leberfunktionswerte tritt anscheinend bei einem
Viertel der Patienten auf. Pathologisch wird sie jedoch viel seltener,
wenn auch nicht nur bei ein, zwei Leuten, wie früher beschrieben.
Nähere Infos auf der Blutwerte-Seite.
-
Isotretinoin ist stark teratogen, bei sexuell aktiven Frauen im gebärfähigen
Alter ist eine Kontrazeption zwingend. Es ist unerlässlich, behandelte
Frauen sehr sorgfältig über das Missbildungsrisiko zu informieren.
Auf Deutsch: es ruft starke Mißbildungen bei ungeborenen Kindern
hervor, eine erfolgreiche Empfängnisverhütung ist UNBEDINGT
NOTWENDIG. Die Wirksamkeit der Pille ist jedoch nicht eingeschränkt.
Eine Schädigung der Spermien konnte dagegen nicht festgestellt werden,
wenn ich auch mit einem Hautarzt sprach, der da skeptisch war.
IInzwischen wird das Medikament häufiger auch Frauen verschrieben,
wie man auf dem Board
sehen kann. Das Mißbildungsrisiko geht nach dem Absetzen wieder
zurück, laut Roche ist eine Schwangerschaft
einen Monat nach Absetzen des Präparats wieder möglich. Da die
Blutbank das Blutspenden jedoch ein halbes Jahr lang untersagt, halte
ich diese Variante auf jeden Fall für sicherer. Nochmal: dennoch
weiß ich nichts über mögliche Nachwirkungen, und wer es
macht, macht das von sich aus und nicht wegen diesem Absatz hier, ich
rate niemandem zu was auch immer.
- Im übrigen
ist allen Behandelten zu empfehlen, auf die Einnahme von Retinol-haltigen
Vitaminpräparaten zu verzichten, da diese zu einer erhöhten
Toxizität von Isotretinoin führen können.
Soll heißen: Vitamin A. Isotretinoin ist mit Vitamin A verwandt,
also die Multivit-Tabletten vor dem Kauf gut anschauen. Die Nebenwirkungen
werden verstärkt, Überdosierung von Vitamin A ergibt selbst
nochmal ein extra Krankheitsbild (Hypervitaminose A - ich hab keine weiteren
Infos drüber.)
- Cheilitis, Muskel-
und Gelenkschmerzen, Haarausfall (in der Regel reversibel).
Cheilitis: schlicht und ergreifend Lippenentzündung (Lexikon Medizin).
Alle möglichen Symptome (bis hin zu Symptomen von Syphilis und Milzbrand)
werden unter dem Begriff zusammengefaßt. Weshalb ich das anführe:
beobachtet euch gut! Nur weil was komisch ist, muß es noch lang
nicht am Roaccutan liegen. Ich hielt einen Lippenherpes für eine
Nebenwirkung und hatte das komplette Kinn voll Krusten und Bläschen,
bevor ich merkte, daß was nicht stimmt.
- Sowohl unter Tetrazyklinen
als auch unter Isotretinoin kann der intrakranielle Blutdruck in seltenen
Fällen erhöht werden; die Kombination dieser Medikamente ist
deshalb wegen des erhöhten Riskos eines Pseudotumor cerebri zu vermeiden.
Tetracyklin: ein Breitbandantibiotikum. Nochmal: wo auch immer man/frau
sich was verschreiben läßt: auf die Roaccutantherapie hinweisen!
P.S. Inzwischen hab ich auch eine Woche während der Therapie Tetracyklin
geschluckt, es gab keine zusätzlichen Probleme.
P.P.S. Grade bin ich auf Amoxicilin, Kopfweh krieg ich grad gern, aber
das liegt am Infekt und wohl nicht am Roaccutan.
Berichtigung: inzwischen bin ich nicht sicher, ob Antibiotika Pilzanfälligkeiten
verstärken. Privatmeinung: Antibiotika nur im Notfall, die Resistenzgeschichten
sind inzwischen etwas beängstigend und die Haut- und sonstige - flora
leidet sehr drunter.
P.P.P.S. Steht ein paar mal auf der Page, dennoch nochmal: Tetrazycline
schränken die Wirksamkeit der Pille ein, sexuell aktive Frauen, die
eine Roaccutantherapie machen, sollten sich über die Wechselwirkungen
von Pille und anderen Medikamenten sehr klar sein.Tetracyklin schränkt
die Wirksamkeit der Pille ein, ein Verhütungsschutz ist nicht mehr
gewährleistet und das eventuelle Kind ist mit höchster Wahrscheinlchkeit
mißgebildet. Also seid vorsichtig und fragt euren Hautarzt und euren
Gynäkologen!
- Zu Beginn der Behandlung
kann sich die Akne vorübergehend verschlechtern. In der Regel wird
während 5 bis 6 Monaten behandelt, bei etwa 10% ist eine längere
Behandlung nötig.
Zu denen gehöre ich :-(
Ich hatte das Medikament jetzt 12 Monate, davon sechs auf Höchstdosis.
Ich habe auch mit jemandem gesprochen, der das Zeug elf Monate mittel
bis hoch dosiert nahm. Einige Leute hatten mehrere Roaccutantherapien,
mit denen sie zusammengenommen auch auf die über 250 mg/Kg meiner
Therapie kamen. Dies sind Extremfälle, die nicht die Regel darstellen.
Inzwischen werden niedrigdosierte Therapien über längere Zeit
(>1 Jahr) häufiger angewandt, Gerade bei weniger schweren Akneformen
kann so ein dauerhafter Behandlungserfolg bei wenig bis keinen Nebenwirkungen
realisiert werden.
Die Anfangsverschlechterung wurde auf einer englischen Seite auch als ziemlich häufig beschrieben. Inzwischen gab es viele Feedbacks, wo die Akne tatsächlich am Anfang schlechter wurde (über den Daumen gepeilt würde ich sagen, bei 30-40% der Leute, wobei das Board immer dahingehend verzerrt, daß eher Leute mit Problemen posten und die ohne Probleme sich freuen und nix schreiben *g*). Man darf hier aber nicht Akne und Nebenwirkung verwechseln: kann sein, daß die Akne erstmal gleichbleibt, aber ob der schlechteren Hautheilung die Sachen langsamer abheilen oder vermehrt aufgehen/bluten/sonst Stress machen. Die Haut trocknet aus, die Pickel gehen schneller (und mehr auf einmal) auf.
- Einzelne Autoren
befürworten eine relativ niedrige Dosis (0,2 bis 0,5 mg/kg/Tag),
andere empfehlen die höhere Dosis von 1 mg/kg/Tag. Bei rund 60% der
Patienten genügt eine einmalige Behandlung. Rezidive treten besonders
dann auf, wenn die kumulative Gesamtdosis unter 120 mg/kg liegt.
Ich fand *irgendwann* mal auf dem Netz einen Text eines Hautarztes, der
auch diese längere Behandlung vertrat. Eine empfohlene Behandlungsdauer
von nur 3-4 Monaten fand ich bisher nur auf dem Beipackzettel.
Es gab eine Forschungsreihe in England, wo eine Therapiedauer von 6-8
Monaten und eine kumulierte Gesamtdosis von 140 mg/Kg am erfolgversprechendsten
schien. (n=über tausend untersuchte Patienten). Das entspräche
der gängigen 0.5-0.7/Tag-Dosis.
Dr. Kunze befürwortet die niedrigeren Dosen, da die Nebenwirkungen
schwächer wären. Dennoch ist die kumulierte Dosis zu beachten,
die Therapie dauert entsprechend länger. Auch sie spricht von guten
Erfolgen und niedriger Rückfallquote.
Die 1 mg/Tag- Dosis hatte ich sechs Monate während meiner Therapie.
Die Nebenwirkungen traten verstärkt auf, der Heilungsprozeß
ging langsam, aber erkennbar voran. Wer meine Fallstudie gelesen hat,
wird verstehen können, daß ich eher ein Befürworter höherer
Dosierungen bin, bei mir ists wohl nötig: mit der niedrigeren Dosis
dazwischenrein gings kaum voran.
Grundsätzlich: bevor man die Therapie entnervt ob der Nebenwirkungen
aufgibt, die Dosis (IN ABSPRACHE MIT DEM HAUTARZT!) verringern. Das Zeug
wirkt kumulativ, d.h. ausschlaggebend ist die tatsächliche Menge,
die während der Therapie eingenommen wurde, weniger der Zeitraum,
über den die Einnahme verteilt wurde. Auch hier nochmal Roches
Statement nach Anfrage von Chris:
Eigene Untersuchungen zur Langzeittherapie der Akne mit Roaccutan in niedriger Dosierung liegen nicht vor.Insofern können wir auch keine Dosierungsempfehlung geben.In der Literatur wurde jedoch verschiedentlich über den erfolgreichen Einsatz von niedrigdosiertem Isotretinoin berichtet.Palmer et a. (Br J Dermantol 143,No.I,S.206-206,2000) beschreiben die Anwendung von 20-40mg Isotretinoin/Woche bei erwachsenen Patienten,bei denen es nach Abschluß eines Behandlungszyklus mit Roaccutan wiederholt zu Rückfällen kam."
- Erhöhte Sonnenempfindlichkeit
tritt auf nicht nur in Bezug auf Sonnenbrand, sondern auch bezüglich
dem Braunwerden. Auf jeden Fall gut cremen, empfohlen wird regelmäßig
Anthelios Spray oder Ladival Allerg, hervorragende Verträglichkeit
auch bei empfindlicher und Akne-Haut und guter Sonnenschutz.
Vorsicht ist sicher angebracht,
ob man nun besser über den Winter oder über den Sommer eine
Roaccutantherapie macht, ist eine individuelle Geschichte - die einen
kriegen sofort Probleme mit der Sonne, den anderen ist es lieb, daß
in einer Zeit, wo die Haut schuppt und anfällif ist, wenigstens leichte
Klamotten getragen werden und man nicht dick eingepüackt herumlaufen
muß
Generell sollte man mit Sonne
vorsichtig sein, wenn man zu Akne neigt, Roaccutantherapie hin oder her:
Sonne bringt nur eine scheinbare Besserung, die Mitesserbildung wird gefördert
und das dicke Ende kommt nach.
Noch ein Nachtrag, es kam auch ein Feedback über sehr schlimmen Sonnenbrand
nach dem Skiurlaub. Mehr zu dem Thema im Sommer Spezial.
Zum Cremen ob der Hauttrockenheit: Hauttrockenheit ist eine Therapiemaßnahme, die sollte nicht wieder dick zugekleistert werden, wenngleich Hautpflege auch und grade unter Roaccutan wichtig und nützlich ist. Tips dazu gibts auf der Seite zur Hautpflege unter Roaccutan, generell sollte man auf komedogene Inhaltsstoffe bei Hautpflegeprodukten achten.
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- Roaccutan und Depressionen.
Roaccutan steht schon länger im Verdacht, Depressionen hervorzurufen.
Roche hat inzwischen die Beipackzettel dahingehend ergänzt, daß
Depression und Suizidalität in die Liste der Nebenwirkungen aufgenommen
wurde.
Meine Privatmeinung: Akne selber ist was deprimierendes, und die Therapie
braucht ihre Zeit, wenn die Sache keine Fortschritte macht, ist das, janun,
Scheiße. Die Nebenwirkungen können auch stressig werden, ich
denke, es gibt genügend Gründe, depressiv zu werden, ohne gleich
von einer Psychoaktivität von Roaccutan ausgehen zu müssen.
Inzwischen kommt es immer wieder vor, daß im Zusammenhang mit einer
Roaccutantherapie Leute über Depressionen, Mattheit, Motivationslosigkeit
etc. berichten. Dies ist auf jeden Fall ein Thema, das beim nächsten
Arztbesuch besprochen gehört und eventuell auch der unterstützenden
psychischen Behandlung bedarf. Die Depression kann physiologischen Ursprungs
sein - der Körper ist anfälliger, das Immunsystem stärker
gefordert, sowas macht auch matt - aber auch von ansonsten körperlich
fitten Leuten wird im Zusammenhang mit Roaccutan immer wieder von Depressionen
berichtet. Nehmt das nicht auf die leichte Schulter, sondern redet mit
Freunden, mit dem Arzt und setzt im Zweifelsfall die Dosis ab oder herunter.
- Auf dem Netz stieß
ich irgendwann 1999 auf einige Usenet-Einträge, welche besagten,
daß einige Fälle von FÄLSCHLICHERWEISE positiven Aidstest-Ergebnissen
in Verbindung mit einer Roaccutantherapie vorgekommen seien. Die Seiten
sind meines Wissens nach nicht mehr im Netz. Über Wahrheit und Kausalzusammenhang
kann ich nichts sagen, da nie wieder von ähnlichen Fällen berichtet
wurde, halte ich den Vorfall für eine Ente.